Was für ein Empfang auf Madeira

Was für ein Empfang auf Madeira

Eigentlich hatten wir geplant, Stephie (meine Mutter) in Funchal zu treffen, wo sie seit einigen Tagen auf unsere Ankunft wartete. Unsere Kinder konnten schon seit der Abfahrt an nichts anderes mehr denken, als das grosse Wiedersehen mit ihrer Großmama auf Madeira. Die wichtigsten Fragen der Kinder waren, ob sie am Steg stehen und – wie Tono in Bilbao – unsere Leinen übernehmen würde und ob sie wohl Fotos von unserer Ankunft machen würde.
Wie bisher, lasen wir einige Stunden vor der Hafeneinfahrt den Revierführer (Handbuch, in dem die Häfen beschrieben sind), um genau zu schauen, was bei der Einfahrt hier zu beachten sei. Diesmal standen im Revierführer die warnenden Sätze, dass man sich für einen Liegeplatz rechtzeitig per Telefon oder email anmelden sollte. Ob 2 Stunden vorher noch rechtzeitig sind?
Urte versuchte, die Hafenmeisterin mit Engelszungen zu überreden, aber es war nichts zu machen, kein einziger Platz frei! In diesem Moment verflog unsere euphorische Vorfreude und wurde durch Enttäuschung ersetzt. Was sollten wir denn jetzt tun? Wir waren mehr als 80 Stunden unterwegs, Stephie wartete in Funchal und nun sollten wir uns eine Ankerbucht suchen oder in einen anderen überfüllten Hafen ausweichen?

Marina Quinta do Lorde ist unsere Belohnung

Wie sich im Nachhinein herausstellte, war es ein absoluter Glücksfall für uns, dass uns die Marina Funchal abgewiesen hatte. Wir erinnerten uns nach dem Telefonat daran, dass wir von Freunden morgens eine Empfehlung für die neue Marina Quinta do Lorde an der südöstlichen Spitze von Madeira bekommen hatten. Urte rief dort an, und erfuhr, dass man dort bereits über uns Bescheid wusste. Dennoch wurde uns wenig Hoffnung gemacht: da wir Kinder an Bord hatten, wurde uns eine Nacht gewährt, um uns nach unserer Überfahrt auszuruhen. Dafür sollte eine bereits angemeldete Yacht unseretwegen nach Porto Santo umgeleitet werden. Ein grosses Dankeschön – obrigado!
Die Marina ist spitze, das stellten wir sofort nach der Ankunft fest. Aber noch viel bedeutender war, dass wir hier unerwartet von Dietmar und Katja empfangen wurden -Freunde, die wir in unserer Vorbereitung beim Seminar Medizin auf See kennengelernt hatten. Mit einem Mal standen viele helfende Hände bereit und weitere bekannte Gesichter aus Boulogne-sur-mer tauchten auf! Aber da waren noch all die anderen Segler, die wir zwar nicht kannten, die uns aber bereits aus Erzählungen und diesem Blog kannten. Wow, was für ein tief bewegender Empfang und das nach vier sehr anspruchsvollen und die meiste Zeit unangenehmen Tagen auf See.
Nach nicht einmal einer Stunde sassen wir mit einem Kaffee im Restaurant mit den verschiedensten Leuten beisammen. Wir erfuhren, dass einen Tag zuvor ein Sturm über Madeira gefegt war und die Wellen über die 4m hohe Kaimauer der Marina gestürzt waren. Alle hatten sich um uns ernsthafte Sorgen gemacht! Nun, in entspannte Gespräche vertieft (erste Tips für die Inselerkundung, wo gibts den günstigsten Mietwagen…) genossen wir unsere Ankunft und fühlten uns aufgenommen in eine herzliche Seglergemeinschaft. Nachdem unsere Kinder von Alia (6) freudig begrüßt wurden, die sehnsüchtig auf deutschsprachige Kinder wartete, verschwanden sie wie selbstverständlich auf der „Meise“ und dann auf Alias Zuhause, der “ Joy of Life „. Endlich hatten unsere Kids auch ein anderes Kind zum Spielen.

Marina Quinta de Lorde, geschützt unter diesem riesigen Felsvorsprung.

Stephie in Funchal

Stephie war noch in Funchal, sollten wir jetzt alle nach Funchal fahren und dort für 2 Tage ins Hotel ziehen? Ganz ehrlich, 2 Tage sich „pampern“ lassen, war schon eine Verlockung. Aber Dietmars Idee war besser, warum nicht einfach schnell Stephie aus Funchal zu uns an Bord holen?So sass ich als bald mit Dietmar in seinem Mietauto auf dem Weg nach Funchal, bergauf, bergab, eine Laguna Seca Kurve (in Leipzig auf der Porsche Einfahrstrecke heisst eine sehr spektakuläre Kurve so) nach der anderen. Die Ankunft mit Stephie an Bord war phänomenal, die Kinder kamen aus dem Nichts heran gesprintet und nahmen ihre geliebte Großmama in Empfang.

Marina Quinta de Lorde an der Südostküste von Madeira, endlich ist die geliebte Großmama da.

 

Eine Überfahrt, wie ich sie noch nicht erlebt habe

Wir hatten das Wetter gecheckt, vorgekocht und waren gut vorbereitet. Südliche Winde versprachen Kurse hoch am Wind (die sind immer etwas schaukeliger) und das Monstertief im Nord Atlantik würde sicherlich ein Dünung von ca. 3m mit sich bringen. Auch 2 kleine Fronten mit Regen und bis zu 20kn Wind würden wir unterwegs begegnen.
Portimao hatten wir nach einem Abschiedseis um Punkt 17h verlassen, um die nächsten Stunden in einer schönen leichten Abendbrise in den Sonnenuntergang zu segeln. Auch wenn wir fast keinen Mond hatten, gaben uns die Sterne nachts ein wenig Licht, was das nächtliche Segeln immer angenehm macht.
In der 2. Nacht legte der Wind wie erwartet deutlich zu, was in der dritten Nacht mit bis zu 25kn Wind noch übertroffen wurde. In dieser Nacht waren wir mit unserem bereits 3fach gerefften Segel (also deutlich reduzierter Segelfläche) immer noch sehr wild unterwegs, so dass wir die Segel noch weiter reduzierten. Wirklich unangenehm waren unterwegs aber die immer wieder sehr steilen und hohen Wellen. Diese steilen Wellen führten zu unangenehmen Schiffsbewegungen und bei uns dazu, dass der Appetit nachliess und wir uns immer wieder überwinden mussten, etwas zu essen, denn sonst gehts ganz schnell durch den Kopf. Die steilen Wellen führten aber auch dazu, dass das Schiff immer wieder den Boden oder vielmehr Wasserkontakt verliert (natürlich fliegt so ein Boot nicht durch die Luft) und dann mit einem Donnergetöse in das nächste Wellental knallt. Das Geräusch und die Erschütterung bei unserem GFK-Schiff ist so unangenehm, dass anfangs unser Blick immer wieder ins Rigg ging, um zu prüfen, ob noch alles an seinem Platz ist.
Zur Beruhigung, die Schiffe und natürlich auch unseres, sind für die Hochsee und damit auch für diese Belastungen ausgelegt, und so hat unsere „hapa na sasa“ diesen Ritt hervorragend gemeistert. Wir haben sehr großes Vertrauen in unsere Oceanis 46, fühlen uns auch bei ruppigen und härteren Bedingungen sicher.

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Morgen ist erst einmal letzter Schultag vor den Herbstferien, das gibt uns ein bisschen mehr Zeit, um die ein oder andere Sache am Boot zu reparieren, zu chillen und Zeit mit den anderen Seglern zu verbringen.

3 Antworten zu “Was für ein Empfang auf Madeira”

  1. Oh wie aufregend, spannend und rührend eure Erlebnisse immer wieder sind.
    Wir „Zettel-Mädels“ sind fleißig und neugierig am Blog-lesen und immer ganz ungeduldig, wenn es mal ein paar Tage nichts Neues zu lesen gibt.
    Wir sind in Gedanken weiterhin ganz viel bei euch, -vermissen euch und wünschen weiterhin eine abwechslungsreiche und gute Fahrt.
    Ganz liebe Grüße von uns allen an euch und natürlich auch an „Oma“.

  2. Liebe Segelfamilie,
    Schön, dass Ihr gut in Madeira angekommen seid. Gegenan macht keinen Spass. Aber bald seid Ihr ja auf der Barfußroute und dann gibt es schönen raumen Wind.

    Mir ist eigentlich nicht klar, warum ihr eigentlich nach Madeira gesegelt seid und nicht nach Marokko? Gab es für den Kurs nach Madeira Gründe?

    Es grüßen Euch herzlichst

    Margret und Siegfried