Nach 23 Tagen auf See kommen wir in Kupang, West Timor, Indonesien an. Landfall ist immer noch etwas Besonderes. Auch wenn die letzten Tage der Überfahrt entspannt waren, freuen wir uns, freuen uns auf frisches Obst, Salat und eine wachfreie Nacht.
Wir fahren durch die Selat Semau, der Meeresenge zwischen West Timor und der Insel Semau, vorbei an Fischfarmen und dem ersten schwimmenden Müll. Indonesien ist leider bekannt dafür, dass sie ihren Müll im Meer entsorgen, dazu aber später mehr.
Unser Anker fällt in trübem Wasser, direkt vor der Stadt Kupang
Unser Anker fällt direkt vor der Stadt, auf 7m tiefe in gutem Ankergrund. Von hier aus sieht Kupang nicht wie eine Schönheit aus. Auflandiger Wind inklusive einer kurzen kabbeligen Welle. Die hapa na sasa hüpft und rollt, so haben wir uns das nicht vorgestellt. Nach 3 Wochen Ostwind haben wir hier jetzt Westwind. Es hilft nichts, für eine ruhige und entspannte Nacht machen wir den Heckanker klar. Unser Heckanker ist gleichzeitig unser Ersatzanker, 21kg, und damit immer ein kleiner Akt, zumal er in der Kabine von Louisa gestaut ist. Inzwischen ist es später Nachmittag, heute werden wir nicht mehr einklarieren. Wir machen das Dinghy klar, um zu mindestens mal bei den zwei anderen Schiffen, die hier ankern, vorbeizuschauen. Nur zwei andere Schiffe vor einem Einklarierungshafen, so wenige haben wir noch nie gesehen. Yachten scheinen hier eine Ausnahmeerscheinung zu sein. Ich erinnere mich an die Aussage des Port Captains in Noumea. Der Port Captain ist der Chef des Hafens mit Kapitänsuniform mit beeindruckenden goldenen Streifen und einem Büro, das den ganzen Hafen überblickt. Als ich in Noumea ausklariere, schaut er mich ungläubig an: „Was, sie wollen nach Kupang, Indonesien? Da gab es in den letzten 5 Jahren nur ein anderes Schiff, ausserdem ist es dort gefährlich, dort gibt es Piraten.“
Information Crowd Sourcing bei der Java und der Santorina
Als erstes fahren Louisa und ich beim Kat Java vorbei, mit einem weissharigen, seegegerbten Eigner. Die Kinder taufen ihn „Java Jim“, in Analogie zum „Java Jim“ aus „Der Phantomsee“ der Drei ???. „Einklarieren ist easy, im Grunde interessieren sich die Beamten nicht für Yachten“. Warum war es nur so ein Akt in der Vorbereitung war, jedes Feldchen in den zahlreichen Onlineformularen zu füllen?
Mehr Details bekommen wir von Lee und Jason, zwei Australiern von der Santorina. Junge Kerle, die vor ein paar Monaten in Sydney losgesegelt sind, mit einer Sun Odyssey 45DS, die nach 3 Jahren immer noch wie auf der Bootsmesse glänzt.
Immigration, SIM Karte im Shoppingcenter bei Telekomsel kaufen, Quarantine, Customs und Harbourmaster, in der Reihenfolge, keine wesentlichen Gebühren oder Geldgeschenke. Zum Schluss kommt Customs für einen Besuch an Bord, sie checken Schränke und Staufächer. Erwarten wir unsere erste Durchsuchung durch den Zoll, oder interessieren sich die Jungs nur für Yachten? Wir werden es sehen. Jason und Lee hatten einen Taxifahrer für kleines Geld. Ich bitte Jason, gleich den Taxifahrer für morgen früh zu bestellen. Done, so läuft das gut, ich hoffe somit auf ein schnelles Einklarieren.
Einklarieren in Kupang, eine Behördenrallye
Bewaffnet mit Pässen, Bootpapieren und einem Haufen Kopien, fährt mich Urte an den Strand, der kaum unter der Müllschicht zu erkennen ist. Wir sind noch nicht einmal angelandet, da kommen schon diverse Helfer, selbst ernannte Agenten, auf uns zu. Yachties sind für sie ein lukratives Geschäft. Mit meinen Dokumenten und den Informationen von Lee und Jason brauche ich aber definitiv keinen Agenten. Ich schaffe es, ihnen zu entkommen, damit renne ich aber auch fast an meinem Fahrer, Mickey, vorbei, aber er findet mich. Ein erster Vorgeschmack, Kupang ist indonesisch laut, im kra zu den letzten 3 Wochen auf See.
Als erstes stoppen wir an einem Geldautomaten. Mickey spricht 5 Wörter Englisch, ATM, money machine und money gehören nicht zu ihnen, aber irgendwie schaffen wir es. Die Kabine, in der der ATM steht, ist klimatisiert, die Versuchung ist gross, diesen Ort die nächsten Stunden nicht mehr zu verlassen, ist doch mein Hemd schon fast durch. Leider ist das aber doch keine Option, dafür werde ich in den nächsten Sekunden zum Mulitmillionär. Ich ziehe 1.500.000 Rupien, knapp über 100 Euro, mehr geht nicht in einem Rutsch.
Die Einwanderungsbehörde liegt in der Nähe des Flughafens einmal quer durch die Stadt
Mickey fährt mich zügig zur Einwanderungsbehörde, eine Hand gechillt am Lenkrad, die andere an der Hupe. Es scheint fast, als wenn er mit der Hupe dem Rhythmus eines virtuellen Liedes folgt. Wenn es funktioniert! Die Beamten in der Einwanderungsbehörde sind sehr zuvorkommend, Sekunden nachdem ich durch die Tür bin, sitze ich einem freundlich grinsenden Beamten gegenüber, der unsere Pässe kontrolliert und mir eine Kopie nach er anderen entlockt. Mit den Kopien der Pässe ist er nicht zufrieden, es fehlen Kopien der Visas. Ich sollte die Visas kopieren und wieder zu ihm kommen. „Nee, geht nicht.“ sage ich in einem Reflex, „Haben Sie nicht einen Kopierer, um die Visa zu kopieren?“ Sekunden später steht ein Junge neben mir, fast noch ein Kind, der mich zum gegenüberliegenden Copyshop begleitet. Kurze Zeit später haben wir alle notwendigen Stempel in den Pässen und eine gestempelte, von ihm unterschriebene Crewliste in mehreren Ausführungen. Ich mache noch ein Selfie mit ihm, was wirklich gut ankommt. Das war quick.
Der Officer in der Einwanderungsbehörde prüft, unterschreibt und stempelt
Zeit für ein Selfie bleibt aber immer.
Eine lokale SIM Karte ist nach dem Einklarieren das Wichtigste
Auf dem Weg zum Shoppingcenter hält Mickey noch am Supermarkt. Sehr zuvorkommend, ich weiss zwar nicht so recht, wass ich kaufen soll, aber ein Blick auf das lokale Angebot schadet nicht. Hier gibt es tatsächlich haufenweise Produkte, wo ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, was sich in ihnen verbergen könnte. Die wilden, grellen Grafiken lassen keinen Schluss auf den Inhalt zu, nicht zu schweigen von den indonesischen Aufschriften. Ich verlasse den Supermarkt mit grünen Granny Smiths, Honig, einer grell glänzenden Tüte kugelartiger Snacks und einer Instantnudelsuppe. Besonders die Äpfel und der Honig werden gut ankommen, war doch Honig in Noumea unbezahlbar, so dass wir nur ein kleines Glas gekauft hatten.
Das Mädel bei Telekomsel verkauft mir nicht nur eine SIM Karte mit entsprechendem Guthaben und Internetpaket, sondern richtet dies auch gleich funktionsbereit auf ihrem Handy ein. Sie gibt mir sogar sämtliche Tastenkombinationen, um diverse Guthaben abzufragen. Spannend ist jetzt nur, wie gut das Netz hier ist und wo es überhaupt verfügbar sein wird. Wir werden sehen.
Beim Quarantine geht es verdammt lustig zu
Das Quarantine Büro ist gleich um die Ecke vom Zoll. Die zwei angrenzenden Büros sind voll mit Leuten, und alle scheinen sich prächtig zu amüsieren. Sie entschuldigen sich, dass es hier so voll sei, ich soll mich kurz setzen. Es stellt sich heraus, dass sie hier in Kupang gerade eine Versammlung aller Quarantine Officer der Region haben und gleich zum Mittagessen aufbrechen. Sekunden später habe ich erste Freunde, während der Verantwortliche für mich online sämtliche Formulare ausfüllt. Wieder werden zahlreiche Handys gezückt und Selfies gemacht. Selfies zur Völkerverständigung, ich werde es mir merken.
Der Officer beim Quarantine ist super entspannt, er füllt die Formulare aus, für mich bleibt nur eine Unterschrift und eine kleine Gebühr.
Die temporäre Einfuhr unseres Schiffe ist beim Zoll immer das Hauptthema, so auch hier
Beim Zoll geht es neben Waffen und Betäubungsmitteln aus der Bordapotheke wie immer um die temporäre Einfuhr unseres Schiffes. Denn, würden wir das Schiff in Indonesien verkaufen, würde Zoll anfallen. Der Zoll ruft online das Dokument ab, was ich in Noumea mit so viel Mühe erzeugt hatte, das war also nicht umsonst. Ansonsten sind die Jungs ziemlich entspannt, sie wollen aber um 14:00 Uhr aufs Boot kommen und sich dort umsehen, stellt sich die Frage, wonach sie sich umsehen wollen.
Mein letzter Stop, der Harbour Master
Inzwischen ist es fast 13 Uhr, mein Magen meldet sich, dafür ist jetzt aber keine Zeit. Der Harbour Master ist die letzte Station, er bekommt meine inzwischen umfängliche Dokumentensammlung und gibt mir die Port Clearance, so jedenfalls der Plan. An diesem Punkt ist Indonesien schwierig. Die Indonesier sind nur kommerzielle Schiffe gewohnt, Schiffe, die nach einem festgelegten Zeitplan von einem Hafen zum nächsten fahren, hier ausklarieren mit einem genau definierten Ziel. Bei uns ist es anders, wir wissen ungefähr, wann wir Indonesien verlassen werden, wo wir uns aber in unserer Zeit in Indonesien aufhalten werden, wissen wir nicht. In der Vergangenheit haben wir immer wieder Leute getroffen, die uns Orte genannt haben, auf die wir ohne sie gar nicht gekommen wären. Wir wollen uns also auf gar keine Route festlegen. Nach langer Diskussion, freundlichen Worten, Bewunderung der Uniform und einigen Selfies, schaffe ich es, dass sie uns hier mit Ziel Bali ausklarieren. Das vereinfacht die Sache ungemein, sehr cool. Irgendwie sagt mir auch keiner, dass wir mit diesem Papier Kupang in den nächsten 24h verlassen müssen. Dirk und Gretchen haben am nächsten Tag weniger Glück.
Mich beeindruckt dieses makellos weisse Uniformhemd. Mir ist unklar, wo man in dieser Stadt ein Hemd so schön weiss waschen und dann auch noch makellos bügeln kann.
Die Crew im Harbour Master Office, wie schon den ganzen Tag, haben fast alle Beamte makellose Uniformen. Der Herr rechts ist einer der zahlreichen Agenten, der auch gerne aufs Bild wollte.
Der indonesische Zoll kommt an Bord der hapa na sasa
Inzwischen ist es fast 14 Uhr. Ich kaufen in einem Klamottenladen noch schnell eine kleine indonesischen Fahne, die wir als Gastlandfahne nehmen werden. Die Jungs vom Zoll sind pünktlich, und Urte holt uns mit dem Dinghy ab. Nachdem der Wind nachts eingeschlafen war, hat er inzwischen wieder auf West gedreht und es steht eine kurze kabbelige Welle. Ich fahre uns vom Strand weg, trotz aller Vorsicht erwischt eine Welle die beiden jungen Zöllner, kein guter Start. Ich entschuldige mich, sie lachen und nehmen es gelassen. An Bord gibt es erfrischende Getränke und leckere neuseeländische Kekse, Selfies gab es ja schon an Land. Die beiden sprechen gut Englisch und sind sehr interessiert. Nach einigen ausgefüllten Formularen wollen sie sich unter Deck umsehen. Ich öffne bereitwillig alle Schränke und Schapps, zeige ihnen die Kabinen und Toiletten, ein bisschen wie für den klassischen Besucher auf einer Bootsmesse. Das wars, aber nur fast. Ich müsste noch mal mit zu ihnen ins Büro kommen, einige Unterschriften leisten, sie könnten mich auch gleich im Auto mitnehmen. Und wie komme ich wieder zurück? Einige Kilometer laufen oder mit dem Roller fahren steht bei der Hitze ausser Frage. Auch liegt die Behörde nicht auf einer der klassischen Bemo Routen. Bemos sind hier die Minibusse des „öffentlichen Verkehrs“, in anderen Ländern würden sie von einzelnen Notschweissungen zusammengehalten, hier ist es Spachtelmasse.
Einer der jungen Zollbeamten, bevor er zu uns an Bord kommt.
Einer der Zöllner ist sehr zuvorkommend, ein Kollege könnte mich zurück in die Stadt fahren.
Irgendwie klappt das mit dem Kollegen doch nicht, so dass mich der junge Zöllner selbst fahren würde. Wer mich fährt, ist mir ja nun wirklich egal. Misstrauisch werde ich jedoch, als er seinen Sturzhelm und eine Windjacke holt. Oh nee, doch nicht mit ihm zusammen auf seinem Moped, oder? Auch wenn hier 4 Personen auf einem Moped keine Seltenheit sind, lege ich in diesem Verkehr hier keinen Wert auf eine Fahrt mit dem Moped. Doch genau so kommt es. Wenig später sitze ich hinter ihm. Ein etwas unfairer Match, er mit Sturzhelm, Windjacke und festem Schuhwerk, ich mit Sonnenbrille, Hemd und Flip Flops. Schon der Weg vom Parkplatz zur Hauptstrasse war eine Grenzerfahrung, steil wie eine Skiabfahrt, hoffentlich hat sein Moped Bremsen für 2 Personen. Auf dem Weg in die Stadt lässt er nichts anbrennen. Wir rasen an anderen Mopeds, Autos und Lastwagen vorbei. Bei jedem Überholvorganz lege ich reflexartig meine Ellenbogen so dicht es geht an den Körper. Als wir einen grossen LKW überholen, habe ich das Gefühl, dass uns sein Abgasstoss fast von der Strasse bläst. Nur zwei Mopedfahrer sind noch krasser unterwegs und überholen sogar uns. Mann, bin ich froh, als ich wieder zurück auf der hapa na sasa bin, unverletzt und in Indonesien einklariert.
Constantin nach einer rasenden Fahrt safe and sound back in town.
5 Antworten zu “Einklarieren in Kupang, Indonesien”
Hallooooo !!!! Vorab schon einmal Gratulation zu Eurem „Safe Landing““ … Freue mich mit Euch!! Verflixt schnell gegangen, denke wahrscheinlich nur … Ich wuensche Euch einen wunderbaren Aufenthalt dort,!! Euren Bericht werde ich in Ruhe lesen und freue mich schon drauf! Bis dann … und liebe Gruesse … Renate
Danke für diesen überaus interessanten Blog. Klingt wirklich nach Indonesien, vor allem, weil es so schwer ist, sich den einheimischen Verkäufern und anderen Helfern zu entziehen. Das war schon mal der Vorgeschmack auf Bali.
Alles Gute Hans Juergen
Liebe Crew der hapa na sasa,
Euch aus dem kühlen Düsseldorf einen herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Überfahrt!
Eure Berichte wecken warme Erinnerungen an unsere Einklarierung in Jayapura / West Papua.
Viel Spaß in Indonesien, genießt das Land, es ist (wenn man vom Müll mal absieht) großartig.
Liebe Grüße an alle von allen,
Fritze, Heide und Mina
Oh ja, Indonesien war wie auch bei Euch wieder ein Höhepunkt unter den Höhepunkten. Wann kommen die ersten Exemplare Deines Buches?
Liebe Grüsse
Constantin
Apah kabar?? … Das heisst wohl wie geht es??? (Hatte mal einen indonesischen Boyfriend 🙂 ) … Wie immer habe ich den Bericht mit Spannung gelesen und wie immer war er sehr informativ! Toll, dass alles verhaeltnismaessig unkompliziert ueber die Buehne ging! Schoene Tage noch!!! Gruesse?