Unser nächstes Ziel ist Kupang auf Timor, Indonesien. Unser Weg führt uns durch die Korallensee, ans Great Barrier Riff von Australien, durch die Torresstraße, die Arafura See nach Kupang, knapp 3.000 sm, so weit wie eine kleine Atlantiküberquerung.
Bevor wir aus Noumea losfahren, sind noch einige Dinge zu erledigen
Bevor wir aus Noumea abfahren können, sind jedoch noch einige Dinge zu erledigen. In Vanuatu hat unsere Genua 2 große Risse bekommen und das, obwohl sie an diesen Stellen erst repariert und kontrolliert worden war, an einem der beiden neuen Unterwanten aus Neuseeland ist ein Kardeel gebrochen und die Einreiseformalitäten nach Indonesien mit einem Schiff sind alles andere als einfach.
First things first. Bereits aus Vanuatu hatte ich den Segelmacher in Noumea kontaktiert und einen Zeitslot reserviert. Ich treffe Jean-Christian am Tag nach unserer Ankunft, und er sichert mir zu, das Segel in 2 Tagen zu reparieren. Meine Befürchtung, dass wir ein komplett neues Segeln brauchen, weil die UV-Strahlen das gesamte Segelmaterial brüchig gemacht haben, entkräftet er. Sehr gut, denn wir haben keine Zeit, hier auf ein neues Segel zu warten und bis Indonesien mit einer Krücke zu fahren, wäre eine riesige Einschränkung.
Hier in Noumea neue Unterwanten aufzutreiben, scheint ein größeres Ding zu sein. Laurent von Acastillage meint, dass es 3 Wochen braucht. Ich kann es nicht fassen. Was ist das Problem? Wir sind keine Superyacht mit riesigem Mast, keine one-off Yacht mit einem extravaganten, technisch ausgeklügelten Rigg. Nein, wir sind ganz einfach nur eine Oceanis 46, Baunummer 333, vielfach erprobter Standard. Ich versuche herauszufinden, was das Problem ist. Laurent: „Selbst wenn alle Teile verfügbar sind, gibt es nur eine Firma in Neukaledonien, die Pressungen der Terminals machen kann, und diese Firma ist schlecht aufgestellt, schlichtweg langsam.“ Ok, Laurent checkt die Verfügbarkeit der Teile und schlägt vor, über die Verbindungen von George (Rigger) zu nutzen, um das Pressen der Terminals zu beschleunigen.
Am nächsten Tag sieht die Situation schon deutlich freundlicher aus, alle Teile sind verfügbar. Um sicher zu sein, dass die Teile auch wirklich passen, nehme ich sie mit an Bord, baue ein Unterwant aus und überprüfe die Passigkeit. Ich tue dies nicht, weil ich ein Schwarzseher bin. Nein, in Neuseeland musste ich die Erfahrung machen, dass Teile nicht passig sind, und wenn die Wanten erst einmal gepresst sind, ist der Aufwand für Korrekturen enorm. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wann wir die Terminals gepresst bekommen. Laurent setzt im Hintergrund alle Hebel in Bewegung und die Zeit schmilzt auf eine Woche, später sogar auf wenige Tage zusammen. Laurent, an dieser Stelle vielen, vielen Dank für Deine Unterstützung!
Was sich hier über Zeilen erstreckt, hätte mich vor einem Jahr noch mehr als eine Woche gekostet. Einiges gelernt inzwischen, hier in Noumea habe ich 2 halbe Tage gewirbelt, um die 2 Themen auf die Spur zu bringen. Mehr ist auch nicht drin, denn es sind unsere letzten Tage mit Franka an Bord.
Ein lachendes und ein weinendes Auge
Franka freut sich natürlich schon riesig, ihre Freundinnen in Deutschland zu sehen, wir sind traurig, dass die Zeit mit Franka an Bord zu Ende geht. Das Wetter ist nicht gerade einladend die letzten Tage hier in Noumea, trotzdem genießt Franka die letzten Stunden mit Louisa und Paula. Den Abend vor Ihrem Abflug gehen wir Französisch essen, Kleinigkeiten auf großen Tellern, auf mehrere Gänge verteilt. Von Thunfisch Tartare über ein gutes Stück Rindfleisch bis hin zum Lamm, sehr lecker. Die Franzosen haben es echt raus, egal, wohin man auf der Welt nach Frankreich kommt, sie schaffen es immer, verdammt gutes Essen mit französischem Wein zu servieren.
Am nächsten Tag bringen wir Franka zum Flughafen, da für den Rückweg keine Busse mehr fahren, mieten wir ein Auto. Am nächsten Tag nehmen wir das Auto dann gleich noch, um unsere Gasflasche ins Industriegebiet zum Auffüllen zu bringen (leider konnte Urte sie erst 2 Tage später mit dem Bus unter viel Schlepperei wieder abholen) und einen Großeinkauf im Hypermarché zu machen. Wir kaufen hauptsächlich Wurst, Käse und Schinken, alles Dinge, die in Indonesien schwierig zu bekommen sein werden. Die Hypermarchés sind die zweite große Errungenschaft der Franzosen, riesige Auswahl, was das Herz begehrt, auch am anderen Ende der Welt.
Die 3 auf dem Weg zum Restaurant, keine Taschenlampen leuchten, sondern die Reflexionsstreifen der Segeljacken.
Nach 5 gemeinsamen Wochen verabschieden wir uns von Franka.
Indonesien hat seine Einreiseformalitäten für Yachten vereinfacht, ach wirklich
Seit Anfang des Jahres gelten neue Einreiseformalitäten für Indonesien. Bisher benötigte man ein CAIT, für die ganze Prozedur des temporären Imports der Yacht wurde ein Agent benötigt und vor allem Zeit, mehrere Monate.
Diese Vorgehensweise wurde nun stark vereinfacht, man muss nur noch alle Details, zum Schiff, dem Kapitän, der Besatzung und der Reiseroute online auf einer Webseite eingeben, nur noch. Es fängt bei der Reiseroute an, jeder Ort, an dem man verweilt, soll angegeben werden, für einen Blauwassersegler unmöglich. Auch manch andere geforderte Informationen sind vielleicht für die kommerzielle Schifffahrt relevant, nicht jedoch für Segler. Es scheint gerade so, als wenn ein IT-Team einen bestehenden Offlineprozess 1:1 in ein Webformular gesteckt hat, ein déjà-vu.
Hinzu kommt noch, dass das Formular extrem feinfühlig ist, hat man gewisse Informationen nicht zur Verfügung, so kann man das Feld nicht einfach leer lassen, auch ein „NO“, „NA“ oder „NONE“ funktioniert nicht, es muss ein“-„ eingetragen werden. Natürlich steht das auch genau so in einer Ecke des Formulares, nur sind wir es im Zeitalter der autoausfüllenden Suchanfrage bei Google nicht mehr gewöhnt, Formulare auf das Zeichen genau auszufüllen. Springt man zwischen den einzelnen Reitern des Formulares hin und her, so gehen auch gerne mal Eintragungen wieder verloren, an sich schon unglücklich. Schwierig wird es jedoch, wenn man beim Speichern keinen Hinweis bekommt, warum das Formular nicht gespeichert werden kann, z.B. weil Eingaben verloren gegangen sind oder weil ich ein „NO“ statt einem „-„ eingetragen habe. Nach x Stunden bei Mc Donald’s (das beste Internet in Noumea, denn Internet über 3G ist nicht nur unbezahlbar, sondern auch langsam) werde ich durch ein tatsächlich gespeichertes Formular erlöst.
Das war der erste Teil, die „advanced notice“, dass wir mit dem Schiff nach Indonesien kommen, sonst gerne eine mehrseitige einfach auszufüllende pdf Datei. Soweit also zur Vereinfachung des Prozesses.
Ein Visum für Indonesien, was für ein Visum genau brauchen wir eigentlich?
Noch in Vanuatu stelle ich mir die Frage, ob und welche Art von Visum wir für der Einreise ins Land brauchen.
Deutsche sind in Indonesien visabefreit, d.h. bei der Einreise gibt es ein 30 Tage Visum, welches dann vor Ort verlängert werden kann. Wir wollen 6 Wochen in Indonesien bleiben, aber wollen wir nach 30 Tagen einen Behördenmarathon machen, um unsere Visas zu verlängern? Denn über diesen Marathon liest man einiges, sicherlich eine spannende Erfahrung, aber wir möchten unsere Zeit in Indonesien anders verbringen.
Die Alternative zum 30 Tage Visum bei Einreise ist ein 60 tägiges Cultural/Social Visa, für das man aber einen sogenannten Sponsorletter benötigt. In einem Sponsorletter bürgt ein Indonesier für den Reisenden, in welchem Umfang auch immer. Mit diesem Sponsorletter geht man dann zur indonesischen Botschaft, die wiederum das 60 tägige Visa ausstellt. Wo aber sollten wir einen Sponsorletter herbekommen? Nach weiterer Recherche im Internet, finde ich zwei indonesische Kontaktadressen für Sponsorletters. Eine der Damen antwortet umgehend, dann nie wieder. Mit dem anderen Kontakt werde ich mir handelseinig, 500.000rp für einen Sponsorletter für 3 Köpfe, wir brauchen also 2 Stück. Der finanzielle Aufwand ist beherrschbar, aber braucht die indonesische Botschaft wirklich einen Sponsorletter, von irgendeiner Person in Indonesien, die sich mir gegenüber wiederum mit einem weiteren Dokument aus der Haftung nimmt? Alles etwas fragwürdig.
Letztendlich stellt die indonesische Botschaft die Visas aus, die müssen es also wissen. Gleich den Montag, nachdem Franka abgeflogen ist, gehe ich in Noumea bei der indonesischen Botschaft vorbei. Budi, ein supernetter Indonesier, der neben x anderen Sprachen auch nahezu perfekt Deutsch spricht, erklärt mir den Prozess. Ein Sponsorletter sein nicht notwendig, aber ich muß extrem viele Daten über das Schiff und unsere Reiseroute liefern, einfacher wäre, wir würden mit dem Flugzeug nach Indonesien fliegen. Häh, was? Na ja, man könnte sich eine Flugreise planen lassen, auf Basis dieses Planes die Visas beantragen und dann doch mit dem eigenen Schiff anreisen. Ok, noch eine Variante. Nach einem supernetten Gespräch mit Budi habe ich eine Alternative mehr und weitere Zettel zum ausfüllen. Ach ja, das Visum bräuchte ein paar Tage zur Bearbeitung, wenn alles glatt läuft.
Am nächsten Morgen Punkt 8 Uhr bin ich wieder in der indonesischen Botschaft bei Budi, x ausgefüllte und unterschriebene Formulare, einen Ausdruck der Online-Schiffsregistrierung, Bootspapiere, Pässe und einen Satz Passbilder. Budi ist spitze, nach 20 unterhaltsamen Minuten hat er x weitere Kopien von meinen Unterlagen gemacht. Wenn alles problemlos durchläuft, kann ich die Pässe mit den Visas in 2 Tagen abholen, und so war es dann auch. Vielen Dank Budi, super Hilfe, super angenehm.
Wir sind abfahrbereit
Wir machen noch einen Probeschlag mit George, dem Rigger. Wir gehen knapp 2 Stunden aufs Wasser geben dem Rigg deutlich mehr Belastung als sonst, überprüfen die Spannung der einzelnen Wanten, justieren noch etwas nach.
Das war noch einmal sehr spannend und lehrreich, da George x zehntausend Meilen unter seinem Gürtel hat, darunter auch viele Überführungen zwischen Neuseeland, Neukaledonien und Australien. Mit dieser Expertise hebt er sich deutlich von anderen Riggern ab, die lediglich an den lokalen Mittwochnachmittag-Regatten teilnehmen.
Wir sind abfahrbereit, nur das Wetter ist saumäßig, und der Wind kommt aus der falschen Richtung. Wir bleiben zwei weitere Tage, haben noch eine gute Zeit mit Chris, Heather und den Kids von der Family Circus und sogar noch Zeit für das Centre Culturel Tjibaou.
Centre Culturel Tjibaou
Nicht zur allergrößten Freude der Kinder gehen wir ins Centre Culturel Tjibaou. Allein das Gebäude ist vielversprechend, es wurde Ende der 90er von Renzo Piano konzipiert. Renzo Piano hat mit Richard Rogers das Centre Pompidou in Paris realisiert und das Lingotto, ehemalige Fiat Fabrik in Turin, umgebaut, eins meiner Favoriten. Das Centre Culturel Tjibaou, ist den Kanaks, den Ureinwohnern Neukaledoniens gewidmet.
Auf den ersten Blick beeindruckt das Gebäude, eine Anzahl von angedeuteten, stilisierten Kanak Hütten, verbunden mit einem langgestreckten Riegel. Die Ausstellung beginnt mit der Portraitierung von Familien, hauptsächlich Arbeiterfamilien aus den Nickelminen. Es folgt ein Raum mit aktueller Kunst der lokalen Kanak, ein Raum mit Artefakten der Kanaks. In einem anderen Raum wird ein Film über die Kultur der Kanaks gezeigt, schlechte Bildqualität, Originalton mit französischen Untertiteln, die halb abgeschnitten sind, erbärmlich. In einem weiteren Raum, keine 70m2 groß, wird der Unabhängigkeitskonflikt der Kanaks dargestellt, auf einer völlig überladenen und unübersichtlichen Schautafel. Ein größerer Ausstellungsraum ist wegen dem Aufbau einer neuen Ausstellung nicht zugänglich. Dann ein Lichtblick, ein Raum über die Entstehung des Museums. Ein kurzes Portrait über Renzo Piano, die Beschreibung der technischen Herausforderungen, ein kurzer Film. In dem Film wird der Moment beschrieben, in dem eine Abordnung lokaler Kanak Chiefs kurz vor der Fertigstellung vor Ort ist. Nach langem Schweigen fragt einer der Kanak Chiefs: „Und wo sind die Kanak-Hütten?“ Diese Kanak-Hütten, die mit großem technischen Aufwand, zyklonoptimiert von Renzo Piano in der Architektur des Museums dargestellt werden?
Erst in der Außenanlage wird uns klar, was der Kanak Chief meinte. In einer versteckten Ecke des Geländes finden wir eine Kanak-Hütte, geduckt betreten wir sie durch den kleinen, niedrigen Eingang. Obwohl es in der Hütte fast dunkel ist, erfassen wir sofort das gigantische Raumgefühl, dieses enormen kegelförmigen Gebäudes. Schade, dass sich Piano und sein Team scheinbar so wenig vor Ort mit den Kanaks und ihrer Kultur auseinandergesetzt haben.
Das Centre Culturel Tjibaou ist das schlechteste Museum, das wir in den letzten 2 Jahren besucht haben. Mir liegt es fern zu schreiben, wie schlecht das eine oder das andere ist. In Neukaledonien gibt es jedoch riesige Nickelvorkommen, diese werden gesichert, ausgebeutet, in diesem Fall von den Franzosen. Das Centre Culturel Tjibaou ist „ein Akt des schlechten Gewissens den Kanaks gegenüber“ (Zitat Urte). Gäbe es hier keine Rohstoffe, gäbe es kein schlechtes Gewissen und Neukaledonien wäre vermutlich Tahiti sehr ähnlich.
Für uns war Neukaledonien eher ein Zwischenstopp, eher ein Arbeitsaufenthalt. Trotz spürbaren Spannungen zwischen den Kanaks und den Franzosen ist Neukaledonien definitiv ein Ort, der mehr Zeit gebraucht hätte.
Auf den ersten Blick ist die Architektur des Centre Culturel Tjibaou von Renzo Piano mit den angedeuteten Kanak Hütten beeindruckend.
Einige sehr schöne Artefakte im Centre Culturel Tjibaou in Noumea Neukaledonien.
Sehr beeindruckende Kanak Hütte, die die Architektur von Renzo Piano aus meiner Sicht verblassen lässt.
Nicht zu vergessen die Innenraumwirklung mit dem massiven Mittelpfosten.
Sehr schön die Artefakte vor der Kanak Hütte im Centre Culturel Tjiabou.
2 Antworten zu “Wir verabschieden Franka und bereiten uns auf den großen Schlag nach Indonesien vor”
Hallo und nochmals : Habt einen GUTEN „Turn“ ? …….
Dies Fotos von dem unfreiwillig verlaengerten
Aufenthalt sind, sowie auch der Artikel, sehr interessant! … Wenn ich lese, wass fuer unerwartete Schwierigkeiten sich ergeben koennen, dann moechte
ich Euch Sven, einem Verwandten von mir, einen
Vorschlag weiterreichen: Er hat 2 Jahre in Indonesien gelebt und Indonesisch studiert (in Hamburg). Er sagt, er wuerde Euch , falls noetig, gerne helfen, wenn es
moeglich ist. Schickt mir eine Nachricht und ich sende Euch seine Telefon-Nummer, Skype Adresse – oder was immer noetig sein sollte…. Nochmal
tschuess und Gute Reise!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Renate
Liebe Renate,
vielen Dank für den Kontakt. Ich schicke Dir gleich noch eine email.
Liebe Grüsse
Constantin