Gerade sind wir mitten im Indischen Ozean, jedenfalls als ich diesen Artikel geschrieben habe.
Geographisch sind wir zwar nur gut 400sm von Cocos Keeling entfernt, aber es fühlt sich an, als seien wir mitten in diesem Ozean. Es ist grau, es bläst und wir haben mächtige Wellen. Ich bin gottfroh, dass wir die ersten Tage ordentlich Süd gemacht haben, als die Wellen noch eine passable Größe hatten. Jetzt können wir somit West gehen, haben die Wellen von schräg hinten.
Es gibt wirklich schöneres als große Seen
Trotzdem, es ist alles andere als angenehm. Gestern Nacht, draußen ist es stockfinster, da kann man die riesigen Wellen wenigstens nicht sehen, aber man hört sie, fühlt sie, ahnt, was sie gleich mit dem Boot machen werden. Die meisten kommen von schräg hinten, da ist die Größe nicht ganz so kritisch. 4 Meter ist aber trotzdem nicht nice. Einzelne treffen uns aber immer mal wieder von der Seite, drücken uns vom Kurs oder krachen einfach in die Seite.
Zwischendurch regnet es, so dass ich sogar mein Ölzeug anziehe, den Niedergang dicht mache. Der Autopilot piept, er hat das Signal verloren, ich steuere einige Zeit von Hand, nach einem Reset übernimmt er wieder. Solche Dinge passieren nie bei Sonne und ruhiger See. Unser Kartenplotter verliert sein GPS Signal, soll er doch ruhig, das nächste Stück Land ist weit genug entfernt.
In solchen Momenten gibt es viele Orte an denen ich lieber sein würde, es gibt offensichtlich schöne Orte, es sind aber auch erstaunlich viele Orte dabei, die ich sonst nicht schätzen würde. In diesen Situationen denke ich aber auch immer an Jan, einen Freund von uns.
Das erste mal treffen wir Jan in Moorea, Französich Polynesien
Das erste Mal treffen wir Jan in Moorea, Französisch Polynesien. Eigentlich treffen wir ihn gar nicht, vielmehr hören wir nur von ihm. Er segelt alleine, auf einem kleinen Schiff und sei ein bisschen komisch.
Richtig treffen tun wir Jan erst in Neiafu Tonga. Jan segelt bei uns 2 Tage auf einer kleinen Regattaveranstaltung mit, übernachtet an Bord, erzählt von seinem bisherigen Weg. Jan ist auch in 2014 von Europa aufgebrochen, alleine, single handed. Jan ist nicht durch den Panamakanal gefahren, sondern unten rum durch die Magellanstraße, wie ich das hier schreibe bekomme ich Gänsehaut. Die Magellanstraße ist bei Kap Horn, berühmt berüchtigt. Allein schon der Weg dorthin hat es in sich. Dort unten gibt es im ganzen Jahr nur eine Handvoll guter Tage. Vor Anker hat Jan über 50kn Wind, alle Anker draußen, trotzdem rutscht er, nur ein winziges Detail des gesamten Spektrums.
Der Punkt ist aber, dass Jan mit einer über 40 Jahre alten Bianca 26 unterwegs ist, Phoebe heißt sie.
Auch in Neuseeland treffen wir die Phoebe wieder.
Wir treffen Jan in Opua Neuseeland wieder. Wir wussten, dass auch Jan nach Neuseeland wollte. Wir sind wirklich sehr sehr erleichtert ihn heile wieder zu sehen.
Auf der Überfahrt hatte Jan knapp 40kn Wind, selbst sein kleinstes Segel war zu groß, Phoebe wurde so aufs Wasser gedrückt, dass die See permanent seitlich ins Cockpit schwappte. 26 Fuß sind keine 46 Fuß, ich möchte gar nicht an die Bootsbewegung von Phoebe in den Wellen denken. Der Hahn vom Seeventil der Motorkühlung reißt ab. Das Ventil ist ab dem Moment permanent geschlossen, der Motor somit ohne Funktion. Immerhin läuft der Motor nicht mit Kühlwasser voll, kann an dieser Stelle kein Wasser ins Schiff kommen.
Als wir Jan in Opua treffen ist das Ventil bereits getauscht, er hatte zum Abdichten von außen Kinderknete ins Ventil gesteckt und „nur zur Sicherheit“ noch ein Lecksegel davor gelegt. Tausch eines Seeventils im Wasser, Operation am offenen Herzen.
Jan ist sich noch nicht sicher ob er von Neuseeland weiter segeln wird oder weiter segeln kann. Das alte Mädchen zeigt doch zunehmend Schwächen, zumal südlich von Madagaskar und an der Küste von Südafrika notorische Seestrecken auf uns warten.
Ob er weiter segeln kann oder nicht, er hat in jedem Fall schon jetzt eine äußerst bewundernswerte Reise mit seiner Phoebe gemacht.
Als wir Port Vila in Vanuatu anlaufen sehen wir ein kleines gelbes Boot im Ankerfeld
Als wir Port Vila in Vanuatu anlaufen sehen wir ein kleines gelbes Boot im Ankerfeld. Ist das Jan mit seiner Phoebe? Hat sich Jan entschieden von Neuseeland aufzubrechen und weiter zu fahren. Über Funk rufen die Kinder „Phoebe, Phoebe, Phoebe, hier ist hapa na sasa. Do you copy?“ Jan meldet sich, cool, er hat sich entschieden weiter zu segeln.
Die Freude ist groß Jan wieder zu sehen. Wir laden Jan zum Abendessen ein, erzählen viel, auf dem Rückweg nimmt er noch Wasser von uns mit. Wir haben einen Wassermacher, können so ziemlich nach Belieben Wasser machen. Auf 26 Fuß gibt es keinen Wassermacher, keinen Ofen zum Brot backen, keine abgeschlossene Kabine, nicht einmal eine Toilette. Seit Neuseeland hat Jan eine kleine 12V Kühlbox, ein Geschenk von einem anderen Segler.
Jan lädt uns auf die Phoebe ein, zeigt uns sein Schiff
Am nächsten Tag sind wir bei Jan an Bord eingeladen. Er zeigt uns sein Schiff. Kein Wassermacher, kein Ofen, kein Kühlschrank. Eine Toilette gibt es aber doch, unsere Kinder aber finden sie nicht, bis Jan mit einem breiten Grinsen im Cockpit einen Eimer hoch hält.
Phoebe hatte in Südamerika einen neuen alten Motor bekommen. Der Motor hat weniger Leistung als unser Außenborder fürs Dinghy, dafür kann er ihn notfalls mit einer Kurbel per Hand starten. Der Verbrauch ist minimal, wir haben mehr Sprit für unser Dinghy dabei, als Jan für seine Maschine.
Phoebes Navigation ist spärlich, ein Radar, zum Erkennen von Squalls hat er nicht. Der Mast könnte das Gewicht der Schüssel wohl auch nicht verkraften. AIS, damit die großen Frachter Phoebe sehen, gibt es nicht.
Es gibt eine Anzeige für Wind, Tiefe, Geschwindigkeit und ein GPS, ein PC und ein Tablet als Kartenplotter. Auch Wetter kann Jan unterwegs nicht runterladen. Für den Notfall hat Jan ein Satellitentelefon, über das er auch per SMS Wetterinformationen mit anderen Seglern austauschen könnte. Das sind die technischen Randbedingungen, die sind gelinde gesagt schon mal nicht üppig. Die Kinder sind sprachlos und ich erst recht.
Auch Jan plant auch Weihnachten in Südafrika zu sein
Auch Jan plant Weihnachten in Südafrika zu sein. Die Strecke nach Südafrika ist enorm, viele tausende Seemeilen, notorische Seegebiete liegen unumgänglich auf dem Weg. Jan plant die Etappe nonstop, 3 Monate, denn Phoebes Etmal liegt bei ca. 100sm, dass heißt er rechnet mit 100sm je 24h.
Immer wenn es bei uns etwas schwierig ist, ob es heftig bläst oder ob uns die gerade mächtige Seen fordern, denke ich an Jan. Wie wird es ihm jetzt gerade auf seiner Phoebe ergehen. Schon am Anker schaukelt Phoebe heftig bei kleinen Wellen, wie muss das erst auf dem Wasser bei 2, 3 oder 4m Welle sein. Wie schafft er es sich in solchen Situationen nicht hängen zu lassen, nicht aufzugeben, weiter zu machen, trotz wiedrigster Bedingungen. Wir bewundern Jan zutiefst, wie er mit Phoebe, mit diesem kleinen, zarten, wackligen und spärlich ausgerüstetem Schiff mit minimalem Budget die Welt umsegelt. Jan zeigt mir immer wieder, dass alles möglich ist, wenn man nur den festen Willen hat es umzusetzen.
Auch letzte Nach habe ich an Jan gedacht wie es ihm auf Phoebe gehen wird. Jan ist ungefähr 800sm westlich von uns unterwegs, auf direktem Weg nach Südafrika. Hut ab Jan, Du hast meine vollste Bewunderung.
Inzwischen sind Jan wie auch wir wohlbehalten in Südafrika angekommen, nur dieser Artikel war etwas länger unterwegs.
Die Ente geht zuerst durch die Welle.
Jan zeigt Louisa und Paula, wie sie ohne fremde Hilfe in den Mast gehen können. Das Vordeck ist ganz schön übersichtlich auf Phoebe.
Auch unter Deck ist der Platz nicht üppig, ein bisschen wie in einem studentischen Kleiderschrank, bis auf, dass dort kein Fahrrad, keine 12 Segel und vieles mehr transportiert werden muss.
9 PS treiben Phoebe an, unser Dinghy hat 18 PS, nur mal so zur Relation. Nachdem Jans Motor in Chile aufgab kam dieser zu ihm, wie alt er ist ist unklar, laufen tut er zuverlässig und verbraucht gerade einmal 0,6l die Stunde. Im Notfall lässt er sich sogar mit einer Handkurbel starten.
Unglaublich, tatsächlich, Bianca 26
Jans Route führte ihn durch Patagonien an der Südspitze Südamerikas, sehr beeindruckend.
4 Antworten zu “Große Seen mitten im Indischen Ozean”
Hallo aus Suedafrika …. inzwischen liegt Weihnachten hinter uns, und es sind nur noch 2 Tage, bis wir im Neuen Jahr gelandet sind … ob Ihr wohl schon hier gelandet seid?? …
Zu Eurem neuesten Bericht und der Geschichte von Jan muss ich wieder einmal sagen: ALLES ist so aufregend zu lesen, wie muss es erst sein, mitten drin zu sein und es zu ERLEBEN!!! … wieder einmal sage ich DANKE fuer’s Niederschreiben Eurer Reiseerlebnisse!!!! … Wo immer Ihr seid, ich wuensche Euch alles, alles Gute fuer 2017!!! Renate
Lieber Constantin, ich wünsche euch allen einen guten Rutsch und ein gesundes und efrfolgreiches 2017. Danke für die interfessanten Berichte
Hans Jürgen Heise
Hallo Constantin, je näher das Jahr 2017 rückt, um so deutlicher und eindrucksvoller erscheint uns deine Weltumseglung auf eigenem Kiel. Im Sommer 2017 bist du mit deiner Familie innerhalb von drei Jahren um die ganze Welt gesegelt und dein Schiff hat, so Gott will, der hohen Belastung standgehalten. Noch sehr genau haben wir den Abspann des damaligen DDR-Wetterberichts in Erinnerung, der da lautete: Allen Seeleuten wünschen wir eine glückliche Heimkehr. Deine Heimkehr beginnt, wenn du dich von Südafrika wieder auf den hoffentlich nicht beschwerlichen Weg machst. Und wir wünschen dir ebenso eine glückliche und darüber hinaus unvergessliche Heimkehr ohne unliebsame Überraschungen. Constantin, du hast bisher Großartiges geleistet, dir sind Seebeine gewachsen. Zum Glück musst du dich noch nicht fragen, wie man nach einer solchen Reise an Land zurecht kommt. Genieße die Zeit auf See und bleibt alle gesund. Neujahrsgrüße an die Crew von Christa und Klaus
Hallo Christa und Klaus, der Kommentar hat mich sehr berührt. In der Tat sind wir schon sehr nah, was nicht heisst, dass die Herausforderungen abnehmen.