So, lieber Constantin, im Oktober 2014 hatte ich Dir einen Gastbeitrag zum Thema Plattbodenregatta in Holland versprochen. Da ich es für die Enkhuizer Klipperraces in 2014 und 2015 noch nicht geschafft hatte einen Bericht zu verfassen, kommt hier der aktuelle über das Brandarisrace 2016:
Brandarisrace 2016 – Plattbodenregatta Harlingen – Terschelling
Kathrin und ich sind am 14. Oktober über Köln (dort haben wir Moritz, unseren Sohn, aufgepickt) nach Harlingen gefahren und um 19.00 Uhr (Moritz + ich) an Bord gegangen.
Kathrin hatte ein sehr schönes kleines Hotel direkt am Yachthafen gebucht und ist an Land geblieben – sie mag die Jugendherbergsatmosphäre an Bord einer Tjalk nicht so sehr . . .
Moritz und ich hatten auf der „Voorrwaarts“ angeheuert, eine der schnellsten Tjalken in der Szene. Der Skipper hat einen sehr ambitionierten Ruf als schneller Segler – das hat sich auch durchaus bestätigt.
Tja was soll ich sagen, man merkt die 12 bis 15 Meter weniger Länge einer Tjalk zu einem großen Klipper an der Größe der Kojen und Kabinen . . . : ) In der 4er Kabine mit einer Grundfläche von ca. 3,8 m² sind die Kojen über Eck verbaut, so dass jeder die Füsse unter denen des Obermannes hat.
Also Kopffreiheit zirka 48,3 cm, Fussfreiheit ca. 22,7 cm – Moritz mit Schuhgröße 49 hatte so seine Schwierigkeiten. Aber wir waren ja nicht zum Spass dabei, sondern um zu segeln ; ))
Erster Abend vom Brandarisrace 2016
Am Brandarisrace nehmen jedes Jahr zwischen 70 und 80 Plattbodenschiffe teil (mehr passen nicht in den Hafen auf Terschelling).
Am Samstag um 8.00 Uhr klar zum Frühstück. Wurst, Käse, Brot und Vlokken, sowie diverse andere leckere Sachen.
Starzeiten für:
Grote klippers 10.30 uur
Kleine klippers 10.40 uur
Grote tjalken 10.50 uur
Aken / skûtsjes 11.00 uur
Zeeschepen, kotters, botters 11.10 uur
Also fuhren wir gegen kurz vor 9.00 Uhr aus dem Harlinger Hafen, um lustig auf und ab zu kreuzen und die Mannschaft als Mannschaft zusammen zu fügen.
Um 11.01 Uhr fuhren wir über die Starlinie mit Kurs auf West Terschelling und den berühmten „Brandaris Vuurtoren“. Nieselregen und etwas trübes Wetter waren unsere Begleiter, der 4er Wind aus Südost war unser Freund.
Nach ein paar spannenden Wenden und Halsen konnten wir Fock und Klüver niederholen und dafür das große Ballonsegel setzen, welches so viel Fläche wie Fock und Groß zusammen hat. Mit fast raumen Wind ging es auf einen längeren Schlag in Richtung Leuchtturm. Je nach Kurs mussten wir das Ballonsegel auch ausbaumen, damit es optimal den Wind fing.
Hierbei herrschte teilweise ein solcher Winddruck, dass der Baum – ein ca, 8 m langer ehemaliger Segelmast aus Alu, mit je einer hölzernen Gabel an beiden Enden bestückt – sich ordentlich durchbog…
Wer bisher nicht wusste, dass die mit ihrem runden Bug recht plump aussehenden Tjalken „fliegen“ können, dem sei versichert:
Sie können!
Die Voorwarts hart am Wind beim Brandarisrace 2016.
Beim Halsen müssen auf der Voorwarts viele Hände anpacken.
Sehr beeindruckend diese grossen Schiffe im Race.
Nach vielen weiteren Segelmanövern liefen wir um 13.16 Uhr durch die Ziellinie vor dem Hafen West Terschelling. Ab jetzt stieg die Spannung. Welchen Platz hatten wir gemacht?
Für 19.30 Uhr war die „Prijsuitreiking“ in einer Art Diskothek angesetzt, die von den Besatzungen der rund 70 Schiffe mehr als gut ausgefüllt wurde. Mir persönlich war das zu kuschelig und so habe ich mir alternativ den Ort bei Nacht angeschaut. Nach der „Prijsuitreiking“ stand fest, wir hatten den 3ten Platz nach der Lotus und der Overwinning belegt. Tja, zwar nicht gewonnen, aber immerhin noch ein Platz auf dem Siegertreppchen.
Nach der Preisverleihung ging es noch auf ein Bier im Freien in eine nette Bar, danach zum gemütlichen Ausklang zurück an Bord.
Die Plattbodenschiffe in Terschelling, ein traumhafter Anblick
Tag 2: Ein Start mit strahlendem Sonnenschein
Sonntag morgen gegen 11.30 Uhr fuhren wir unter Motor aus dem Hafen und setzten umgehend die Segel, als freies Fahrwasser erreicht war. Der Sonntag hatte uns schon morgens um 8.30 Uhr mit strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und wieder 4 bft, diesmal aus Südwest, begrüßt. Also optimale Bedingungen für einen schönen Schlag zurück nach Harlingen.
So segelten wir unter Groß, Fock und Klüver die schönste Route. Da wir in der Fahrrinne unter Motor hätten fahren müssen, wegen der vielen Schiffe war es etwas zu eng zum kreuzen und außerdem war so schönes Wetter und schöner Wind, hatte unser Kapitän beschlossen um die Muschelbänke südwestlich von Harlingen zu fahren.
Traumhaftes Segeln auf der Voorwarts am zweiten Tag des Brandarisrace 2016.
Auch am zweiten Tag bleiben die Ränge des Brandarisrace 2016 hart umkämpft.
Ein spannendes Gebiet mit Sandbänken und Watt. So waren wir auch rund 10 Minuten zu spät im ablaufenden Wasser unterwegs und setzten sanft aber nachhaltig auf einer Sandbank auf. Alles kein Problem, 4 Stunden Pause dann weiter in den Hafen – also statt 17.00 Uhr halt Ankunft gegen 21.00 Uhr. An Bord keinerlei Aufregung, jeder wusste, dass man beim segeln im Watt etwas mehr Puffer einbauen muss.
Also pragmatischer Ansatz: Lesen, baden im ablaufenden Wasser (nur für hart- gesottene Amsterdamer), reden, Sprüche kloppen und so weiter. Moritz hat die Gunst der Stunde genutzt und in der Abendsonne seine Hängematte unterm Klüverbaum aufgehängt – seeeehr gemütlich.
Aufgelaufen im Watt, die Hängematte wird zum besten Platz an Bord.
Eine Robbe hat immer wieder aus ca. 50 m Entferung neugierig nach uns geschaut. Hunderte von Möwen haben sich auf und um die Sandbänke mit Abendessen versorgt. Also alles in allem eine sehr schöne Pause. Andere Segler müssen zum trockenfallen im Watt extra ein Segelwochenende buchen, wir bekamen es als kostenlose Zugabe.
Ich muss sagen echt ein schönes Erlebnis!
Kurz vor Sonnenuntergang am 2. Tag
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen, das nächste Race ist schon im Blick
Gegen 18.10 Uhr kamen wir schon wieder los und fuhren – nun aus Zeitgründen, es dämmerte schon etwas – unter Maschine in den Hafen Harlingen. Kathrin erwartete uns bereits am Kai und nahm die Festmacherleinen entgegen, sehr zur Freude unserer Maaten, die nicht von Bord springen mussten. Dann große Verabschiedung, den Maat drücken und ab an Land.
So kurz und knapp endet jedes Race in der Plattbodenszene – – für Hartgesottene gibt es ja immer schon das nächste Match! Nach dem Rennen ist vor dem Rennen – und Plattbodenregatten gibt es genug! ; )) Die Planung für 2017 läuft, es gibt ja noch einige Rennen die man mitsegeln kann.
Handbreit
der ralph
2 Antworten zu “Das Brandarisrace 2016 eine Plattbodenregatta Harlingen nach Terschelling als Gastbeitrag”
…sehr schön. ;))
Danke + Handbreit aus dem Wilden Süden
der ralph
Danke Dir 🙂