Da fehlt doch noch ein Stück. Die Alytes mit Heide, Fritze und Mina hatten ja auf uns auf Nuku Hiva, einer Insel der Marquesas, gewartet. Nach einer knappen Woche vor Ort, sind wir gemeinsam nach Makemo, einem Atoll der Tuamotu Gruppe aufgebrochen. Insgesamt bestehen die Tuamotus aus knapp 80 Atollen, teils unbewohnt, und gehören wie die Marquesas zu französisch Polynesien.
Atolle sind seglerisch eine ganz besondere Herausforderung. Viele von ihnen sind nicht komplett oder nur ungenau kartographiert und das selbst in Zeiten von Satellitennaviagation iPads und sonstigen technischen Hilfsmitteln. Das heisst, dass die verfügbaren Karten an einigen Stellen erhebliche Abweichungen gegenüber der Wirklichkeit haben. Auf Tahanea z.B. war ein grosser Korallenblock um 100m weiter westlich als in der Realität eingezeichnet und laut Karte haben wir auf dem Trockenen geankert, ganz schön furchteinflössend für Atollanfänger wie uns. Hinzu kommen sogenannte Korallenköpfe, die aus dem Boden heraus wachsen, die eben auch nicht in den Karten eingezeichnet sind. Man muss also gewisser massen auf Sicht fahren, man spricht von sogenannter Eyeball Navigation. Dies funktioniert aber nur, wenn die Sonne schein und im Zenit steht, denn nur dann kann man die Korallen an der grünlich gelben Färbung des Wassers erkennen. Eine Person steht mit einer polarisierenden Brille vorne am Bug und weist im Zweifel auf Korallenblöcke hin.
Eine weitere Herausforderung ist, dass viele Atolle nur ein sehr enge Einfahrt, Pass, mit meist stark begrenzter Tiefe haben. Durch diese Einfahrt muss aber zu Eben und Flut jeweils das komplette Wasser aus und in das Atoll fliessen, so dass sich im Pass locker lokale Strömungen von über 5 Knoten ergeben. Steht dann noch der Wind gegen die Strömung, so entstehen schwere Grundseen in dem Pass, dass heisst es entstehen steile, hohe und gefährliche Wellen.
Aber warum hier die ganze Theorie? Erst einmal muss man sich ein Atoll mit einem schiffbaren Pass suchen und dann eben sicher stellen, dass man dort möglichst um die Mittagszeit einläuft und damit einen die Wellen im Pass nicht zerhacken, muss man das Stillwasser zwischen Ebbe und Flut oder Flut und Ebbe treffen (so man denn verlässliche Daten für die Gezeiten hat). Aufbauend auf diesen Informationen wählt man seine Abfahrtzeit, in unserem Fall von dem über 500 Meilen entfernten Nuku Hiva.
Abfahrt von Nuku Hiva mit der Alytes
Unsere Abfahrt hatten wir auf den späten Nachmittag gelegt, um unsere Anker noch im Hellen zu lichten. Bei knapp 5 Windstärken fuhren wir parallel mit der Alytes in die Nacht. Bisher waren wir immer alleine unterwegs, jetzt galt es auf den anderen zu achten und genügend Sicherheitsabstand zu halten, was in der Nacht schwieriger als am Tag ist. Da wir anfangs sehr gut voran kamen, mussten wir im letzten Drittel der Strecke unsere Geschwindigkeit deutlich drosseln, um nicht in der Nacht am Pass anzukommen. Unsere Zeitrechnung ging in jedem Fall gut auf und die Einfahrt nach Makemo war problemlos.
Makemo taucht zuerst auf dem Radar auf.
Vor der Einfahrt entfernt Franka noch heldenhaft den inzwischen unappetitlich riechenden Köderfisch vom Angelhaken. Viel lieber hätten wir das doch einen Fisch machen lassen.
Trotz Stillwasser kocht im Pass die See.
Am nächsten Tag konnte ich also meinen Geburtstag in einem Atoll mit türkis blauem Wasser feiern, mein grösstes Geschenk dieses Jahr ☺
Geburtstag in einem Atoll mit türkis blauem Wasser
Noch vor dem Frühstück hat mir die Alytes ein Happy Birthday gesungen, begleitet von Fritze auf der Ukulele, ein einmaliges Ereignis. Nach einem gemütlichen Frühstück fuhren wir mit dem Beiboot zu einem Korallenblock zum Schnorcheln, auf dem Hin- und Rückweg haben wir die Kinder auf einem aufblasbaren Gummiring hinter dem Beiboot hergezogen und sogar das Geburtstagskind wurde später noch von Franka im Dinghy gezogen. Abends haben wir in gemütlicher Runde mit Heide, Fritze und Mina unseren neuen Bordgrill eingeweiht.
Geburtstagsständchen von der Alytes
Mit einem Kuchen mit eindeutiger Widmung.
Bespassung des Geburtstagskindes wie auf einer Megayacht.
Die Alytes und die hapa na sasa auf Makemo vor Anker.
Die Einwohner von Makemo trainieren in Auslegerkanus für die bedeutendste Regatta des Jahres. Im November findet das alljährliche Hawaiki Nui Kanurennen statt, in drei Etappen von Huahine bis Bora Bora über die offene See. Ralph, wäre das nicht etwas für Dich?
Auf Makemo wohnen 200 Einwohner, das Kino haben wir uns also gespart, dafür aber sind wir schnorcheln gegangen. Fritze mit seiner Hawaian Sling, einer Art Unterwasserspeer mit Gummibeschleunigung. Eigentlich wollten wir uns das Abendessen speeren, aber immer wenn wir gerade etwas in essbarer Grösse auf dem 7-8m tiefen Grund gesehen haben und Fritze schon abgetaucht war, sahen wir im letzten Moment einen Hai in der Nähe lauern. Und bei aller Lust auf Fisch zum Abendessen, einen angestochenen, blutenden Fisch auf einem Speer mit einem Hai in der Nähe ist definitiv keine gute Idee.
Fritze taucht bis auf 8m um einen Barsch für unser Abendessen zu speeren.
Ein Schwarm Doktorfische kommt bis ans Boot.
Die Kinder spielen mit dem Paddleboard von Heide
Tahanea ein Atoll mit einem verlassenen Perlentaucherdorf
Nach einigen Tagen auf Makemo liefen wir noch Tahanea an, einem unbewohnten Atoll mit einem kleinen verlassenen Dorf. Hier war die Unterwasserwelt noch atemberaubender als in Makemo. In den bunten Korallen wimmelte es von noch bunteren Fischen sämtlicher nur vorstellbarer Farben. Leider kann man diese Eindrücke nicht fotografieren oder zumindest wir nicht.
Sonntags gibt es auf der Alytes Kuchen, welch wunderbare Regel.
An einem Tag brachen wir mit den Beibooten zu einer Landerkundung auf, wir Erwachsenen versuchten händeringend eine grüne Kokosnuss von der Palme zu bekommen. Nach langem Mühen konnten wir eine öffnen. Die Kinder bauten während dessen aus Ästen und Palmenblättern eine wunderbare Hütte und abends am Lagerfeuer schmolzen wir Käse auf Baguettestückchen und genossen den Sonnenuntergang.
Wo kein durchkommen ist, hilft uns die Machete
Mit allen vermeintlichen Tricks versuchen wir eine grüne Kokosnuss von der Palme zu holen
Während dessen suchen die Kinder nach schönen abgestorbenen Korallen
Urte unterstützt beim Bau der Hütte aus Palmenblättern
Das Holz für das Lagerfeuer ist aufgestapelt und kann gleich angezündet werden
Einen anderen Tag erkundeten wir das verlassene Perlentaucherdorf auf der anderen Seite des Passes. Neben einigen wenig einladenden Hütten fanden wir eine kleine Kirche, voll eingerichtet, so als wenn vor wenigen Stunden der letzte Gottesdienst stattgefunden hätte.
Wir finden in dem verlassenen Dorf zahlreiche Hütten
Die Möblierung entspricht jedoch nicht dem Ikeakatalog
Wir entdecken einige wenige Gräber, eines ist von 2007
Die Kirche, voll eingerichtet, vielleicht ist dieses Dorf doch nicht so verlassen wie wir denken, zumal wir auch Verpackungen von Essen und Antibiotika finden, die dort erst kürzlich hinterlassen wurden.
Zum Abschied von Tahanea ein beeindruckender Sonnenuntergang
2 Windstärken mehr als angesagt auf unserer Überfahrt nach Tahiti
Nach Tahanea wollten wir eigentlich noch Fakarava anlaufen, der Wind aber hatte inzwischen auf 6 Windstärken aufgefrischt und stand direkt auf die Passeinfahrt. Da der Pass im Süden von Fakarava eine Stelle mit unter 3 Metern hat, wollten wir bei den harten Bedingungen nicht einlaufen und musste Fakarava leider auslassen.
Planänderung, wir fahren direkt weiter nach Tahiti, wenn wir Gas geben würden, könnten wir sogar noch am nächsten Tag vor der Dunkelheit die Südspitze Tahitis erreichen.
Die folgende Nacht hatte es in sich, der Wind frischte bis auf 35 Knoten auf, das sind 7 Windstärken und die Wellen kamen steil und hoch von der Seite. In der Nacht gab uns dann eine Welle die volle Breitseite. Ich war im Cockpit und wachte mit einem tierisch lauten Knall aus meinem Dämmerschlaf auf. Die Festmacher, die seit Monaten ohne Problem unter der Sprayhood langen, waren alle durch den Niedergang in den Salon gefallen. Ansonsten sah alles gut aus, vor allem Franka, die angeleint im Cockpit geschlafen hatte, war noch da. Als nächstes kroch ich zum Steuer musste dort aber fest stellen, dass der Autopilot und die gesamte Navigation ausgefallen war. Unter Deck war einiges durch den Salon geschossen unter anderem war auch ein Kochtopf vom kardanisch aufgehängten Herd quer durch den Salon geschossen und hatten den Schalter für die Navigation ausgeknockt. Wie froh war ich eine so einfache Erklärung für den Ausfall der Navigation zu haben und wie gut ist es zu Wissen, dass unser Zuhause auch solche harten Schläge problemlos weg steckt.
Nach jedem Sturm kommt auch wieder eine geschützte Ankerbucht und am nächsten Tag die Sonne
Ganz im Hellen haben wir es am nächsten Tag nicht mehr geschafft, aber die Ankerbucht war gross und leer, bis auf die Alytes, die wenige Minuten vor uns angekommen war. Nach so einem Ritt ist ein geschützter Ankerplatz mit gutem Ankergrund eine unbezahlbare Belohnung besonders für den dringend notwendigen nächtlichen Schlaf.
Am nächsten Tag erkundeten wir das kleine verschlafene Dorf hier auf der Südostseite von Tahiti. An Land kommen wir mit einem Tahitianer ins Gespräch der gerade Kokosnüsse erntet. Er öffnet uns gleich eine frische Kokosnuss, die wir trinken können. Weil die Kokosnuss noch grün ist, ist das Fleisch weicher als wir es gewohnt sind. Wir freuen uns über diesen herzlichen Empfang und er freut sich das wir uns freuen.
Später entdecken wir per Zufall wie ein Gruppe Tahitianer eine Tanzvorführung probt, die Männer machen die Musik, die Frauen und Kinder tanzen. Egal ob schlank und gross oder gut genährt, alle beeindrucken mit der charakteristischen Hüftbewegung. Die Männer, die trommeln, Gitarre und Ukulele spielen und singen haben ebenfalls ihren Spass und wir entdecken die erste umfangreiche Gesichtstätowierung (der Mann mit der Charakteristischen roten Mütze und der Sonnenbrille).
Für uns ein neuer Anblick, der Mann mit der roten Skimütze hat eine Gesichtstätowierung.
Ein wirklicher Gänsehautmoment, nicht für Touristen organisiert, hier wird einfach nur mit Freude geprobt.